Mac Para hat sich mit dem neuen EN-C- Zweileiner Verve die Latte hoch gelegt und dementsprechend viel Zeit und intensivste Entwicklungsarbeit investiert! Das Resultat kommentiert der tschechische Traditionshersteller mit klaren Worten: „Der ausgewogenste Zweileiner mit dem besten Handling, den wir je produziert haben.“


Testpilot: Franz Sailer
Fotos: Norbert Aprissnig

Der Verve (Deutsch: Schwung, Begeisterung) löst die bekannte Elan-Baureihe in der Sportklasse ab. Bei der Neukonzeption des ersten Zwei- leiners von Mac Para in der C-Klasse überließ Konstrukteur Peter Recek nichts dem Zufall. So hat der Mac-Para-Firmenboss mit seinem Team enormen Entwicklungs- und Zeitaufwand bei der Konzeption und beim Feintuning des neuen EN-C-Zweileiners betrieben. Das war auch der Grund, warum der Verve als einer der letzten in der neu definierten Sportklasse erschien. Zahlreiche Prototypen wurden geflogen ... neue Planformen und Profile getestet ... Konzepte wieder verworfen ... und letztendlich bekam der Verve ein komplett neues und noch dazu auffälliges Design, mit Winglets am Außenflügel!

Zur Zielgruppe äußerst sich Mac Para wie folgt: „Dank seiner Leistung eignet sich der Verve für Vielflieger mit XC-Ambitionen, die über ein entsprechendes Maß an Gleitschirm- beherschung verfügen, also für die Piloten, die von ihrem Gleitschirm eine hohe Leistung, Dynamik, Präzision, Agilität und gleichzeitig hohe Sicherheit erwarten. Sein Charakter und einfaches Flugverhalten machen den Verve zur idealen Wahl für Piloten, die aus der High-End- B-Kategorie aufsteigen wollen und die Vorteile der ,Zweileiner-Technologie‘ nicht missen möchten. Der Verve ist ein semileichter Hochleister und eignet sich auch für Hike & Fly.“ THERMIK konnte den schnittigen Zweileiner mit Streckung 6,6 in knackiger Gebirgsthermik in den hohen Bergen Marokkos ausgiebig testen ...

KONSTRUKTION, MATERIALEN, DESIGN

Der Verve basiert auf dem Elan 3 und dem Hochleister Magus. Der Schirm zählt 67 Zellen, hat eine ausgelegte Streckung von 6,6 und nutzt die Technologie eines vollverstärkten Profils mit dünnen Nitinol-Drähten. Mac Para sieht bei Nitinol-Versteifungen den großen Vorteil, dass diese bei schlampiger Packweise nicht verformt werden können, was zu Problemen beim Startverhalten des Schirmes führen könnte. Außerdem sind die dünnen Drähte - Mac Para verwendet 0,8- sowie 0,6-mm-Drähte - noch leichter als gleich starke dicke Kunststoffdrähte und verkleinern zudem das Packmaß der Kappe. Die Nitinol-Stäbchen sind bei Mac- Para-Schirmen mit festen Endkappen ausgestattet um das Gewebe zu schonen, was auch hier die Liebe zum Detail belegt.

Das Profil des Verve wurde komplett neu designed. De facto kommen mehrere verschiedene Profile an der Kappe zum Einsatz, deren Profildicke, S-Schlag etc. sich markant unterscheiden. Die neue Profilierung am Außenflügel erhöht die Rollagilität im Speedflug, daher wurde dem Verve kurzerhand Winglets verpasst, ähnlich wie dem Photon von Ozone. Die Winglets erhöhen die Spurstabilität und Rolldämpfung. 

Die Form der Zellen sorgt für eine aerodynamische Optimierung und bietet gleichzeitig die Möglichkeit einer farblichen Gestaltung der Kappe, erläutert der Hersteller. Die negative 3D-Formgebung an der Eintrittskante, Minirippen und die neue Form der Stabilisatoren tragen dazu bei, den Luftwiderstand zu reduzieren und somit die Leistung zu steigern. „Der Schirm überzeugt durch eine hohe Stabilität im gesamten Geschwindigkeitsbereich und seine Gleitleistung ist mit dem Hochleister Magus vergleichbar“, ist Mac Para überzeugt. Zudem habe man bei der Konzeption hohen Wert auf Flugkomfort gelegt: „Die Anzahl der Zellen, das interne Diagonalsystem und die Leinengeometrie — alles wurde auf die richtige Steifigkeit der Kappe optimiert, damit ein maximaler Flugkomfort in aktiver Luft erreicht wird“, ergänzt Konstrukteur Peter Recek.

Der Verve wird aus bewährten Materialien mit bekannter Qualität und Haltbarkeit hergestellt: An der Eintrittskante kommt am Ober- und Untersegel das robuste Skytex 32 Universal Tuch mit 32 g/m2 und an der Hinterkante beim Ober- und Untersegel das leichtere Skytex 27 Classic II - E71A mit 27 g/m2 zum Einsatz. Für alle Rippen und Diagonalrippen verwendet Mac Para beim Verve das Skytex 27, 32 „Hard finish“-Beschichtung.

„Dieser Mix gibt dem Schirm den Vorteil, sowohl leicht als auch langlebig zu sein“, so der Hersteller. Tatsächlich drückt der Gleiter in der Testgröße 25 lediglich 4,20 kg (gewogen) auf die Waage. Die Größe 23 wiegt bloß 3,85 kg und die kleinste Größe 21 gar nur 3,65 kg!

Der Verve wurde über insgesamt 106 Aufhänge- punkte als klassischer Zweileiner (drei A- und drei B-Stammleinen) abgespannt. Besonderheit: Die Stabiloleine ist an die äußere A-Stammleine geknüpft (sie führt nicht direkt zum Schäkel) und bildet gemeinsam mit der äußeren A-Galerie die Baby-A-Stammleine. Beim Leinenmaterial wurden klassische unummantelte Aramid-/ Kevlar-Leinen von Edelrid der Serie 8000 U mit unterschiedlichsten Querschnitten verbaut. Der elegante 12-mm-Aramid-Polyester-Trage- gurt besitzt einen Baby-A-Gurt. Die Leinenschlösser aus Edelstahl sind mit einem Gummiring gesichert. Über eine Umlenkrolle wird die Hauptbremsleine mit Wirbel zum Bremsgriff geführt. Ronstan Beschleuniger-Rollen, elegante Carbon-C-Handles und Magnete mit Einrastfunktion am Steuergriff komplettieren die hochwertigen Tragegurte.

Der Verve wurde in fünf Größen EN/LTF C zugelassen. Es stehen drei Serien-Designs sowie Customer-Designs zur Verfügung.


 

START

„Ab in den Süden, der Sonne hinterher“ ist mein erster Gedanke, als ich den Verve bei winterlichem, windigem „Sauwetter“ erstmals auspacke. Die Reise geht für zwei Wochen nach Marokko. Entspannte Soaringflüge am Meer sowie ein paar ausgedehnte XC-Flüge im Anti-Atlas stehen hoffentlich in Aussicht. Eine Woche später liege ich bereits am betonierten „Luxus-Startplatz“ Nid d’Aigle im Liegestuhl in der warmen Sonne. Das „Adlernest“ gilt quasi als das „Bassano von Marokko“. Alles, was in Marokko fliegt, trifft sich irgendwann dort. Der Wind hat bereits gedreht und streicht leicht den Hang hoch. Rasch die Leinen meines Testschirms sortieren! Naja, die wenigen Stammleinen verhaken ziemlich, sind allerdings mit ein paar gekonnten Griffen im Nu getrennt und sortiert.

Vorwärtsstart

Der Verve lässt sich bei Nullwind am besten hochführen, wenn die Kappe bogenförmig ausgelegt wird. Das Auslegen des Schirms mit einer markanten V-Form, aggressives Ziehen oder Nachvornedrücken der Tragegurte hat eher zur Folge, dass die Flügelenden vorpreschen und somit die Kappe ein leichtes Primär-Hufeisen fabrizieren kann. Die Aufstellphase verzögert sich dadurch unnötig. Besser: Mit gespannten A-Leinen (inklusive Baby-A-Gurt) die Kappe aufziehen.

Für B-Aufsteiger oder Leichtschirm-Verwöhnte: Die hochgestreckte Kappe mit der markanten Shark Nose benötigt klarerweise einen Tick länger zum Befüllen und Loslösen vom Boden, als vergleichsweise ein Leichtschirm mit großen Eintrittsöffnungen und wenigen Zellen. Wird weiter Zug ausgeübt, steigt infolge die Kappe spurtreu und zuverlässig zum Zenit und überschießt dort kaum. Alles in allem: Bei korrekter Auslege- und Starttechnik ist der Verve ein problemloser Starter selbst bei Nullwind.

Rückwärtsstart

Es genügt, nur die inneren A-Gurte zum Hochführen zu greifen. Bei Nullwind oder sehr lauer Brise bevorzugt der Flügel wiederum einen etwas markanteren Anfangsimpuls bei der Aufzieh- und Aufstellphase. Dann steigt die Kappe schön gleichmäßig und spurtreu zum Scheitelpunkt. Oben angekommen stresst der Flügel nicht, der Pilot hat ausreichend Zeit für eventuelle Korrekturen, da der Verve kaum zum Überschießen neigt. Genauso verlangt die Kappe bei spürbarer Seitenwindtendenz keine Tricks, sondern steigt ohne Ausbruchstendenzen zum Scheitelpunkt. Ab und an können bei drehendem, böigem Startwind ein paar Wingtip-Zellen einrollen, größere Deformationen bleiben dank hohem Kappe- ninnendruck die absolute Ausnahme.

Starkwindstart

Wind über 15 km/h bläst gerne das leichte Untersegel über die Eintrittskanten. Dies kann man vermeiden, indem man die vorgefüllte Kappe mit aktivem Zug an den B-Gurten oder Bremsleinen am Boden hält. Der Verve ist auf diese Weise perfekt am Boden fixiert („Hocker-Typ“), verweilt schön gezähmt „bei Fuß“ und bäumt sich nicht im Starkwind lästig auf oder schlägt wild mit den Außenflügeln um sich. Okay, manchmal kann ein Ohr an den Stabiloleinen durchschlaufen (schlampig ausgelegt!) und es benötigt infolge einige Auf- pumpversuche zur Öffnung. Beim eigentlichen Aufzieh-, Aufstell- und Stabilisierungsvorgang verhält sich der Verve vorbildlich und verzeiht bei Starkwind so manchen Fehler: Die Kappe neigt kaum zum Aushebeln, selbst wenn der gestresste Pilot vergisst, ein paar schnelle Schritte zur Kappe mitzugehen. Die Spurtreue ist hoch und nur selten drängen böige Thermikablösungen den Verve aus der Bahn. Der große Pluspunkt bei Starkwind ist: Der Flügel überschießt kaum! Die eingebaute Pitchbremse verhindert ein markantes Vorschießen der Kappe, sodass der Pilot nur selten die Kappe zügeln muss.

FLUGVERHALTEN

Die ersten beiden Testtage in Marokko sind von lauer Meerbrise und schwacher Thermik geprägt. Nach dem Start muss ich soarend im schwachen Aufwindband um jeden Meter kämpfen, um oben zu bleiben. Bedingungen, in denen es weniger auf das Können des Piloten, sondern vielmehr auf das Steigverhalten des Schirmes und dessen Floating-Eigenschaften ankommt. Super, ich kann mich als einziger Pilot länger halten, und der Verve trägt mich ein bis zwei Stunden über die schöne Küstenlandschaft Marokkos. Der Verve steigt tadellos in schwachen Aufwinden, wenn man ihn korrekt belädt!

Christian Amon, Testpilot bei Mac Para, hat mich bezüglich des Startgewichts zu Hause noch instruiert: Der Verve will nicht ganz oben beladen werden. Das vom Hersteller empfohlene Startgewicht in der Größe 25 liegt bei 95 bis 102 kg! Ich halte mich daran und drücke heute 98 kg auf die Waage. Mit diesem Startgewicht lässt sich der Zweileiner bei jeder Wende am Hang bzw. in schwachen thermischen Ablösungen schön eng, dennoch flach mit geringsten Sinkwerten pilotieren. Die Steuerwege im normalen Arbeitsbereich sind kurz, um enge Radien zu drehen. Direkt und präzise greift die Bremse. Ebenso kann man den Verve sehr effizient über Gewichtskraft- steuerung steuern. Man spart sich so größere, leistungsmindernde Steuerinputs. Ein großes Plus, falls man auf langen XC-Runs in schwacher Vormittagsthermik oder schwächelnder Abendthermik gegen das Absaufen kämpfen muss. Die Steuerkräfte sind im normalen Arbeitsbereich moderat bis durchschnittlich. Lediglich bei voller Beladung bzw. wenn man „hart in die Eisen greifen muss“, z. B. bei engen Turns oder raschem Richtungswechsel, werden die Kräfte markanter.

Zum Kappenfeedback: Die Kappe verfügt über hohen Innendruck, sie wird in bewegter Luft als „gut gespannt“ wahrgenommen. Luftbewegungen zeigt der Zweileiner tendenziell über den Außenflügel bzw. die Tragegurte an. Die Steuerleinen geben indessen kaum Feedback. In lauer Thermik ist der Pilot angehalten, in den Flügel „hineinzuhorchen“ sowie auf die Vario-Töne zu lauschen, denn allzu viele Informationen sendet der straffe Flügel dann nicht nach unten. In brodelnder Thermik spielt allerdings der solide Flügel seine ganzen Stärken aus ...

Thermikflug

In den Folgetagen erwarten mich perfekte Flug- und Thermikbedingungen im Gebirge des Anti-Atlas. Ich kann in knackiger Thermik auf bis knapp 3.000 m aufdrehen und XC-Flü- ge zwischen 40 und 60 km in vier, fünf Stunden absolvieren und dem Verve ordentlich auf den Zahn fühlen. Nach dem Start nahe des Bergdorfs Tagdicht bei Tafraoute rettet mich der Verve einmal mehr vor dem frühzeitigen Absitzen. 30 Minuten lang kämpfe ich in schwacher, inversionsgebremster Thermik ... der „Deckel“ spuckt mich immerzu aus ... ich sinke wieder massiv ... und raufe um jeden Höhenmeter. Dennoch stresst mich der Zweileiner dabei nicht: Im Bereich 96-102 kg Startgewicht zieht der Flügel angenehm neutral (ohne sich lästig aufzustellen oder unmotiviert zu überschießen) in den Aufwind. Endlich kann ich die hartnäckige Inversion bei 1.600 m durchstoßen, die Steigwerte „explodieren“ förmlich und ich kann den Verve mit erhöhter Schräglage in den engen Schlauch zwingen. Kurbeln in der Thermik macht mit dem Verve ordentlich Spaß! Der Zweileiner offeriert im Thermikmodus ein überaus gefälliges, ausbalanciertes Handling. Roll- und Nickverhalten sind perfekt aufeinander abgestimmt. Superspurstabil zieht der Gleiter auf der vorgegebenen Kreisbahn und behält die eingeschlagene Schräglage bei. Lästiges Aufrichten oder unnötiges Abtauchen kennt der Verve nicht. Man könnte den Verve als „agilen Flachdreher ohne Tendenz zum Graben“ bezeichnen. Die straff gespannte Kappe zieht unbeirrt ihre Kreise, ständige, nervenzerrende Kurskorrekturen mit den Steuerleinen sind nicht notwendig. Der Verve präsentiert sich im Thermikflug bombenstabil und vermittelt auch in windiger, zerrissener Thermik eine satte Portion Flugkomfort. Unmotiviertes Pitchen, unangebrachte Rollbewegungen, harte Stöße über die Tragegurte oder unangenehmes Hebeln in ruppiger Luft kennt der Verve nicht. Im Gegenteil! In Turbulenzen präsentiert sich der Gleiter überdurchschnittlich laufruhig, spur-stabil und klappresistent. So kann ich das herrliche Panorama des Ammelntal samt der umliegenden 2.500 m hohen Bergkulisse recht entspannt genießen, Fotos schießen und auch mal „hands-off“ cruisen.

Der für diese Klasse überdurchschnittliche Flugkomfort wird vor allem Aufsteigern aus der B-Klasse entgegenkommen. Ebenso überfordert die Kappe den Piloten nicht mit unnötigen Informationen, indem der Außenflügel ständig wackelt oder sich verbiegt. Dementsprechend verlangt der Verve nur wenige Steuerinputs. Klar, ab und an darf in turbulenter Luft der Außenflügel schon mal gestützt oder durch einen kurzen Bremsinput am dezenten Pitchen gehindert werden. Nichtsdestotrotz: In grantiger Luft absorbiert der Gleiter die Luftbewegungen sehr elegant. Er verwindet sich ein wenig oder wird gelegentlich zur Seite geschoben, klappt jedoch nicht ein. Klassische Entlaster am Außenflügel (Ohrenschnalzer) kommen sehr selten vor. Der Verve zeigt selbst in schwierigen Bedingungen eine angenehme Agilität mit sanften Bewegungen, er lässt sich kaum zu dynamischen Reaktionen hinreißen. Etliche Zweileiner in dieser Klasse benötigen in kniffligen Bedingungen deutlich mehr aktive Pilotenkontrolle bzw. mehr Pilotenerfahrung als der Mac-Para-Leistungsflügel.

Beschleunigter Flug

Die 25 km lange Ridge über dem Ammelntal hat ihre Tücken. Nachmittags schiebt häufig verstärkt der West-/Nordwestwind vom Meer herein zu den Bergen. So muss ich mich heute und in den nächsten zwei Tagen beim Rückflug mit strammem Gegenwind um 15 km/h herumschlagen. Zudem streichen kräftige Thermikablösungen die Südwesthänge hoch, sodass ich ein mulmiges Gefühl verspüre, den Beschleuniger nahe über dem Relief mehr als 70 % durchzutreten.

Bleibt der Verve auch im Vollgas stabil? Nun, er ist es geblieben und hat mir in den insgesamt 25 Teststunden keinen Anlass zur Sorge bereitet! Der Topspeed lag mit 103 kg Startgewicht auf ca. 1.700 m gemessen bei 55-56 km/h. Ein definitiv ausreichender Wert für ein C-Gerät. Bei voller Beladung sollte ein Spitzenwert von knapp 57 km/h erreichbar sein. Für Pitchkorrekturen müssen die B-Handles nur gelegentlich aktiviert werden. Thermikablösungen können den Verve ab und an aus der Spur drängen und die Kappe in dezente Rollbewegung versetzen. Dank der spurstabilisierenden Winglets halten sich allerdings die Pendelbe- wergungen in Grenzen, sodass die B-Handles zur Richtungskorrektur nur gelegentlich zum Einsatz gebracht werden müssen. Die Zugkräfte für das B-Steering sind etwas höher angesiedelt, dementsprechend ist es gut, dass Korrekturen im überschaubaren Ausmaß bleiben.

Zur Gleitleistung im Schnellflug: Bloße subjektive Eindrücke dürfen nicht objektiven, aussagekräftigen Vergleichsflüge unter aufwändigen, geeigneten Testbedingungen (gleiche Flächenbelastung, Gurtzeug, Schirmgrößen etc.) gleichgesetzt werden. Dennoch: Mehrere Vergleichsflüge mit EN-D-zertifizierten Geräten haben gezeigt, dass der Verve in der Sportklasse und somit im Klassenvergleich in Sachen Gleitperformance im Schnellflug ganz klar im oberen Segment mitspielt.

Spaßfaktor (Dynamik & Wendigkeit)

Der Verve macht definitiv richtig Spaß, geht zackig um’s Eck und lädt zum Spielen ein! Bei hohen Wingover muss deutlich nachgezogen werden, um den vollen Durchzug der Kappe entfalten zu lassen. Die hohe Streckung von 6,6 ist einfach zu handeln, denn die Außenflügel bleiben lange stabil.

Extremflugverhalten

Im Thermikflug kamen lediglich ein paar harmlose Ohrenentlaster vor, im Speedflug blieb die Kalotte stets stabil. Somit können keine Aussagen über Klapper und Reaktionen darauf getroffen werden. Repräsentative Seiten- und Frontklapper müssen in einem SIV mit Faltleinen simuliert werden. Entsprechende Schlaufen für eine Faltleine sind vorne am Untersegel angebracht.

ABSTIEGSHILFEN

Steilspirale

Der Flügel spiralt sehr schön! Ein Kreis zur Einleitung ... stärker nachziehen ... schon geht nach zwei Umdrehungen die Kappe auf die Nase. Der Gleiter reagiert sehr exakt auf Steuer- und Gewichtsveränderungen. Der Verve leitet eine satte Spirale im Bereich von -10 m/s Sinkrate eigenständig aus. Bei deutlich höheren Sinkwerten verlangsamt die Kappe die Rotationsgeschwindigkeit und dreht beim eigentlichen Exit markant nach. Klassentypisch!

Ohren anlegen

Baby-A-Abstieg: Große Ohren mit dem Baby- A-Gurt lassen sich mit dem Zweiliner lediglich mit hohem Kraftaufwand anlegen. Zuerst 30-40 % beschleunigen, infolge an der Baby- A-Leine weit nach oben greifen ... jetzt kräftig und tief nach unten ziehen. Die Ohren können schlagen und aufschnalzen, falls die Kappe zu pendeln beginnt oder die Hände zu weit oben bleiben. Die Haltekräfte sind hoch, die richtige Haltehöhe muss gefunden werden, damit die Ohren stabil angelegt bleiben. Die Sinkwerte in Kombination mit dem Speedsystem sind attraktiv, das ganze Manöver in bewegter Luft stabil zu halten, setzt allerdings eine geübte Technik voraus. Die Ohren öffnen selbständig und schnalzartig, dabei können ein paar kleine Außenzellen in der Galerie „verkleben“.

B3-Abstieg: Wiederum zuerst den Beschleuniger 30-40 % aktivieren. Die B-3-Leinen weit oben fassen und kräftig nach unten ziehen. Die Zugkräfte sind ähnlich hoch wie bei der Baby- A-Methode. Der Flügel „faltet“ nunmehr den Außenflügel nach hinten/innen. Das Manöver ist deutlich einfacher zu halten und die Ohren bleiben stabil angelegt. Die Effizienz ist allerdings geringer als bei der konventionellen Methode. Die Öffnung erfolgt wiederum prompt.

Am besten testen und herausfinden, welche der beiden Methoden man selbst bevorzugt.

B-Stall

Konstruktionsbedingt nicht möglich!

FAZIT

Well done! Der hohe Entwicklungs- bzw. Testaufwand hat sich gelohnt. Der Verve ist um alle Flugachsen wunderbar ausbalanciert, genauso wurde beim Feintuning der Trimmung nichts dem Zufall überlassen. Das Resultat ist ein EN-C-Zweileiner mit einem hervorragenden Handling und überdurchschnittlichem Flugkomfort bezogen auf diese Klasse. Aufsteiger aus der B-Klasse werden es schätzen, dass der Flügel selbst in kniffligen Bedingungen überschaubare Reaktionen zeigt und durch seine Laufruhe und hohe Stabilität viel Vertrauen vermittelt. Das Beste kommt zum Schluss: Die Gleitperformance ist im gesamten Geschwindigkeitsbereich an der Spitze der Sportklasse angesiedelt. Ambitionierte XC-Piloten werden auf langen Gleitpassagen oftmals die Nase vorne und ein Grinsen im Gesicht haben.

Eine nochmalige Klarstellung zum Steigverhalten des Verve: Innerhalb des vom Hersteller empfohlenen Startgewichts geflogen, steigt der Flügel auch in schwacher Thermik mustergültig. Dies muss an dieser Stelle nochmals betont werden, da es zu völlig verzerrten Eindrücken kommt, wenn selbsternannte (aber genauso renommierte) Testpiloten den Gleiter an der Obergrenze beladen oder sogar überladen fliegen. Dank seinem niedrigen Schirmgewicht und seinem problemlosen Startverhalten bei jeglichen Windbedingungen ist der Verve klarerweise für Hike & Fly bestens geeignet und wird auch an schwierigen Startplätzen für ein gutes Bauchgefühl sorgen.

Mit dem Gesamtpaket aus Leistung und Flugkomfort setzt der Verve neue Maßstäbe in der C-Klasse und stellt derzeit sicherlich das Benchmark-Gerät dar, dass es als Gesamtpaket betrachtet von den Mitbewerbern künftig zu schlagen gilt.

PILOTENKOMMENTAR

Von den bisher getesteten C-Zweileinern hat mir der Verve am besten gefallen. Ein Zweileiner, der keine Wünsche offen lässt: satte Gesamtperformance, hoher Flugkomfort, tolles Handling und überdurchschnittlicher Stabilität in Turbulenzen.

KURZBEWERTUNG
 Starteigenschaften
 Vorwärtsstart
 ****
Benötig etwas Zeit zum Befüllen und Loslösen vom Boden, steigt infolge aber zuverlässig zum Zenit, überschießt kaum
 Rückwärtsstart
 *****
Benötigt bewussten Anfangsimpuls, einfach hochzuführen, spurtreu, Ohren stressen nicht, kein Überschießen
 Starkwindhandling
 *****
Untersegel wird ab und an über die Eintrittskanten geblasen, problemlose Aufstellphase, steigt spurtreu, überschießt selbst bei Starkwind kaum
 Flugverhalten
 Agilität/Wendigkeit
 *****
Wendiger Flachdreher mit toller Agilität auch für enge Kurven
 Steuerverhalten
 *****
Präzise und direkte Steuercharakteristik, durchschn. Steuerdrücke im Arbeitsbereich, Stallpunkt kommt gut sichtbar
 Klappverhalten Keine Klapper in freier Wildbahn erhalten
 Beschleunigter Flug
 *****
Durchschnittliche Pedalkräfte, mittlerer Weg, pitchstabil, sehr gutes Gleiten, hohe Stabilität
 Dämpfung
 ****
Im Pitch effektiv gedämpft, hebelt kaum, ab und an dezentes Rollen im Schnellflug
 Stabilität
 *****
Hohe Stabilität an Front und Außenflügel, absorbiert Luftstöße effizient, überzeugt auch in ruppiger Luft
 Abstiegshilfen
 Ohrenanlegen
 ****
Hoher Kraftaufwand beim Ziehen, B-3-Methode empfohlen! Rolltendenz, öffnet selbständig
 B-Stall Nicht möglich
 Steilspirale
 *****
Rasche Einleitung möglich, Spirale kann gut dosiert werden, Außenflügel sehr stabil, leitet bis ca. 10 m/s eigenständig aus, dreht beim Exit stärker nach
Eignung Erfahrener XC-Pilot, Hike-&-Fly- und Vol-biv-Pilot, Wettkampf-Einsteiger
Wertung * mangelhaft, ** durchschnittlich, *** gut,
**** sehr gut, ***** ausgezeichnet

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Thermik Magazine 3/2024