Mac Para ist mittlerweile auch im Motorschirmbereich ein Vollsortiment- Hersteller. Mit dem neuen Reflex-Einsteiger Charger beschreitet das Team um Peter Recek neue Wege ...


Test piloti: Franz Altmann, Günther Böcksteiner, Christian Koranda

Mac Para har sich in den letzten Jahren auch als Motorschirmher- steller einen sehr guten Namen gemacht. Mit den Freiflugmodellen fliegt der Hersteller aus Tschechien ja seit Jahren stetig im Aufwind und gerade die letzten Produkte wie Muse 3 & 4, Eden 5 und Elan haben schon eine große Fan- gemeinde.
Doch seit vielen Jahren ist Mac Para auch eine Größe im Paramotorbereich. Vor allem in den USA sind die PPG-Gleicschirme aus Roznov pod Radhostem sehr gefragt. Mac Para versteht sich im Motorbereich als Vollsortimenter und bietet neben Hybridmodellen aus dem Freiflug- bereich diverse Reflexmodelle bis hin zu Spezialschirmen für den schweren Trikeeinsatz oder Slalomschirme für den Wettkampfeinsatz an. Mit dem neuen Charger bestreitet man dennoch neue Wege. Waren es im Motorschirm-Einsteigerbereich bisher vorwiegend die Hybridmodelle Muse und Eden, die mit verstärktem Leinensetup und Motortragegurt angeboten wurden, erachtete Konstrukteur und Firmeninhaber Peter Recek die Entwicklung eines Reflexeinsteigers als notwendig: „Gleitschirmfliegen und Motorschirmfliegen driften immer weiter auseinander! Die Leistung der Freiflugmodelle wird immer besser, was in turbulenten Bedingungen nicht günstig für den Motorflug ist. Wer zu 80 % am Berg fliegt und nur hin und wieder den Motor auspackt, für den ist ein Hybridmodell wie Muse 4 oder Eden 5 in Ordnung. Wer sich hingegen mehrheitlich dem motorisierten Gleitschirmfliegen widmet, fährt auch als Einsteiger mit einem speziellen Motorschirm besser. Und genau dafür haben wir den Charger entwickelt.“
Der Charger ist in fünf (!) Größen erhältlich, die mit DGAC homologiert sind. Aufgrund der hohen passiven Sicherheit dieses Modells strebt Mac Para für den Charger mit geschlossenen Trimmern auch eine Freiflug-EN-Einstufung der Kategorie B an. Weiters auch einen Lasttest mit maximal möglicher Belastung, um einen sicheren Einsatz im Trikebetrieb zu dokumentieren.

Konstruktion und Aufbau

Der Charger ist ein völlig neues Konzept mit neuem Profil, lediglich die Grundform erinnert ein wenig an den Freiflugeinsteiger Muse von Mac Para.
Was das Leinenkonzept betrifft, ist der Charger mit vier Leinenebenen aufgebaut, die auch jeweils in einem Tragegurt enden. Zwei kurze E-Leinen spalten sich in der Flügelmitte von der D-Ebene ab und bilden an der Kappe eine (kleine) fünfte Leinenebene. Nur in diesem Bereich findet sich eine Zwischengalerieebene, ansonsten kommt der Charger mit Stammleinen und Topleinen aus.
Designer Peter Recek geht bekanntermaßen auch bei den Freiflugmodellen in Sachen Leinendimensionierung keine Risiken ein, dementsprechend „üppig“ fällt auch die Dimensionierung beim Charger aus. Die meisten Stammleinen (Aramid von Edelrid) haben eine Bruchlast weit jenseits der 200 kg und selbst die Topleinen sind mit 60 und 80 kg mehr als ausreichend dimensioniert (ebenfalls Aramid von Edelrid).


Der Aufbau des 46-Zellers sieht Doppelkammern und Dreifachkammern mit Diagonalrippen vor.
Relativ kurze Kunststoffstäbchen in der Profilnase (teilweise in Kombination mit Mylar), nach hinten versetzte A-Aufhängungen sowie 3D-Shaping in der Profilnase am Obersegel deutet auf modernste Konstruktionskniffe hin. Ausgeklügelt und aufwändig ist auch der Tragegurt ausgefallen. Die relativ langen Gurte haben nur eine Einhängemöglichkeit, die Anpassung an verschieden hohe Aufhängungspunkte des Motorsystems erfolgt über zwei verschieden hohe Bremsumlenkungsrollen.
Der Trimmer hat eine Neutralstellung, die sich mit der Neutralstellung der Tragegurte deckt. Für Thermikeinsätze und gewünschte, langsame Landungen hat der Charger-Pilot noch etwa 3 cm „Negativtrimmer“ zur Verfügung. In der anderen Richtung bringen die knapp 6 cm das Reflexprofil zur Entfaltung.
Je mehr Reflex „aktiviert“ wird, desto härter (und unwirksamer) wird die Bremswirkung über die Bremsen. Hier kommt dann die Wing- tipsteuerung zum Einsatz, die durch ein zusätzliches Gummiband beim Auslassen wieder zu ihrer Magnetbefestigung geführt wird.
Die normale Bremsschlaufe verfugt übrigens über eine zweite Bremsschlaufe, die quasi als Verlängerung und zum „2-Finger-Fliegen“ im

Fullspeedmodus dient. Eine sinnvolle Funktion, besonders wenn der Trimmer geöffnet ist und man beim „Cruisen“ nur den Kontakt zu den Bremsen halten will.
Das Fußbeschleunigungssystem ist kurz bis mittellang ausgeführt und läuft wie üblich über eine doppelte Umlenkung, also zwei Rollen.
Als Tuchmaterial verwendet Mac Para durchgängig Stoff vom französischen Hersteller Por- cher Sport, größtenteils in der Konfiguration Skytex 38 E25A mit 38 g/m2.
Die Verarbeitung ist - wie von Mac Para gewohnt - hervorragend und gibt keinerlei Anlass zu Tadel!

Startverhalten

Das Sortieren der Leinen ist einfach, der Tragegurt ist durch die Wingtipsteuerung etwas aufwendiger als der eines Hybridmotorschirms. Für einen reinen Motorschirmtragegurt ist er hingegen sehr übersichtlich ausgefallen.
Der eigentliche Startvorgang ist überaus einfach und anfängertauglich. In neutraler Trimmerstel- lung steigt die Kappe selbst bei Nullwind sehr zuverlässig und spurtreu. Dieses ausgewogene Startverhalten gibt dem unerfahrenen Piloten zusätzliche Sicherheit. Tendenzen zum seitlichen Ausbrechen, Hängenbleiben oder über- schießen konnten wir nicht feststellen.
Nach einer mittellangen Laufstrecke ist man schnell und sicher in der Luft. Ähnlich perfekt und unkompliziert verhält sich der Charger beim Rückwärtsstart. Kein Zweifel, er ist eine Startmaschine!

Im Flug

Im Flug ist der Charger über alle Achsen gut gedämpft und vermittelt dem Piloten ein sehr sicheres Fluggefühl. Mir geschlossenen Trimmern erreichten wir eine Geschwindigkeit von etwa 40-41 km/h, mit Einsatz des Fußbe- schleunigers legt der Charger bis 52/53 km/h zu. Mit Öffnung der Trimmer auf die maximale Position ergab sich letztendlich eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 58 km/h.
Bei einem Testflug bei viel Höhenwind und Groundspeed von teilweise über 90 km/h blieb der Schirm völlig unbeeindruckt und zog stabil und kompakt durch die Luft. In Turbulenzen waren lediglich die von einem Reflexprofil typischen Auf- und Abwärtsbewegungen des Schirms spürbar. Dabei scheint das System Schirm+Pilot+Motor nahezu wie ein Flugzeug kompakt als Ganzes zu reagieren. Zudem Schneider die Kappe durch Turbulenzen richtiggehend „durch“ und neigt kaum zu unangenehmen Anstellwinkelveränderungen.
Im ausgeprägten Reflexmodus lässt sich der Charger perfekt über die Wingtip-Steuerung auf Kurs haken, kleinste Steuerinputs werden sehr direkt umgesetzt.
Beim Kurvenflug mit geschlossenen Trimmern unter entsprechendem Einsatz der Bremsen zeigt sich der Charger auch von einer sehr agilen Seite. Steuerinputs werden sehr direkt und ohne Verzögerung umgesetzt. Man fühlt sich immer eins mit dem Schirm, die Kappe erweckt den Eindruck bei Lastwechseln sehr kompakt über dem Piloten zu stehen, ohne nach vorne oder hinten zu pendeln. So perfekt wie sich der Charger beim Start verhält, so zeigt er sich auch bei der Landung. Bei unserem relativ kleinen Testmodell war die Landegeschwindigkeit der Gewichtsbelastung entsprechend zwar dementsprechend höher, aber sehr fein und exakt ist über die Bremssteuerung ein sauberes Ausflai- ren möglich.

Abstiegshilfe Steilspirale

Die Einleitung der Steilspirale erfolgt relativ schnell, über beide Bremsen ist die Spirale gut zu dosieren. Die Ausleitung erfolgt über mehrere Umdrehungen mit einem kaum spürbaren Aufrichtemoment.

Fazit

Der Charger von Mac Para ist der perfekte Motorschirm für talentierte Motorschirm- Einsteiger, die vom Freiflugbereich kommen und erste Erfahrungen mit einem Reflexprofil sammeln wollen. Aber auch bereits erfahrene Motorschirmpiloten zeigten sich vom Charger aufgrund seiner Einfachheit und Wendigkeit begeistert.
Selbst für reine Fußgänger am Weg zum Motorschirmpiloten (ohne Umweg einer Berg-Gleitschirm-Ausbildung) hat sich der Charger bereits bewährt.
Hervorzuheben sind die tadellosen Start- und Landeeigenschaften, die dem Piloten viel Sicherheit verleihen. Ein weiteres Plus ist das sehr ausgewogene, feine Handling und die hohe Stabilität im flotten Trimm-/Reiseflug.

Thermik PARAMOTOR Magazine 4/2015